Über Postkartenständer

Postkartenständer haben auf mich schon immer eine sehr faszinierende Wirkung gehabt. Und da ich sowieso einen Großteil meiner Freizeit in Buchläden und Bibliotheken verbringe und sich dort immer Postkartenständer befinden, könnte ich stundenlang davor stehen. Ich lese Sprüche, studiere Motive und am Ende möchte ich alles kaufen. Was natürlich totaler Quatsch ist, was soll ich mit den all den Postkarten? Am Ende will ich sie gar nicht verschickten, weil sie alle so schön sind.

Und dann gibt es auch diese Tage, an denen ich die Texte so unpassend zu den Fotos finde und ich mich einfach nicht für eine Karte für den bevorstehenden Anlass entscheiden kann. An solchen Tagen sehe ich ein Bild und bin mir sicher, mir würde ein besseres Zitat in Sinn kommen oder eben andersherum. Ich weiß das schönere Motiv für einen Spruch.

Ich liebe es auch, Postkarten aus dem Urlaub zu schreiben. Alle Adressatinnen bekommen individuelle Grüße. Egal, ob Geburtstagskarten, Hochzeitsglückwünsche und ja auch Trauerkarten. Ich mag es, die richtigen Worte zu finden und so den Empfänger verbal zu berühren. Mein Ziel ist es, stets Tränen der Rührung zu provozieren oder ein hysterisches Freudenlachen. Ich mag diese Art der Emotion: „Bitte lasst sie doch alle raus! Heult. Flucht. Lacht. Lasst euch für verrückt erklären.“

Nichts ist schlimmer als die Frage nach dem Wohlbefinden mit „Muss ja“ zu beantworten. Da wird mir ganz schlecht. Nichts muss und schon gar nicht immer. Jeder darf mal meckern und schwärmen, sich freuen und vor allem auch mal traurig sein. Irgendeine Reaktion, egal welche, das ist doch etwas Schönes!

Ein Postkartenspruch war es auch, der vor ungefähr zwei Jahren mein Leben veränderte: „Was würdest du tun, wenn du auf gar keinen Fall scheitern würdest?“

Noch immer hängen die Worte an meinem Gedankenbrett in meinem Schreibzimmer und erinnern mich daran, was ich tue und das ich nicht scheitern werde! Weil ich das, was ich mache, mit Herzblut und Liebe mache. Aber vor allem, weil es mich erfüllt und leben lässt. Ich fühle mich lebendig, seitdem ich mutig genug war, etwas zu ändern.
Ich dachte viel über das mutig sein nach und fragte mich dann, was ist eigentlich Mut?

Finde ich den Mut?
Was ist mutig?
Wer ist mutig?
Und warum sollte man mutig sein?
Jeder ist mutig?
Ist Mut ein Mann?
Ist Mut eine Frau?
Jeder ist Mut?
Ich möchte mit Mut ausgehen und die ganze Nacht mit Mut tanzen.
Mut soll mein Freund werden, meine Freundin, mein zweites Ich.
Mut schleicht in meine Seele.
In meinem Inneren ergreift er Besitz von mir.
So werde ich Mut.
Ich bin mutig!

Langsam entstand ein Bild von Mut vor meinem inneren Auge und dann wusste ich, was ich auch noch machen wollte: Postkarten. Postkarten mit schönen Motiven und besseren Sprüchen. Für jeden Anlass und für einfach so zwischendurch für die beste Freundin, die Tante, das mutige Patenkind. Die erste Karte sollte mit Mut sein. Und eine erste Auswahl habe ich jetzt in unserem Haus verteilt. Manche hängen an den Wänden. Andere stehen in feinen, selbst gebastelten Ständern – Corona sei Dank, wir haben das „Famillienbasteln“ eingeführt.

Meine Tochter ist super dabei, kommentiert und sagt mir welche Sprüche besser wohin passen und welches Motiv noch fehlt. Und so muss ich nicht mehr die Postkartenständer in Buchläden belagern, sondern liege auf dem Sofa und schweife mit meinen eigenen Worten in andere Sphären.

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Gespräche mit Berlin

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Tanzen, wie vor Corona.