„Freitag ist Spielzeug-Tag“

Oder wie ich wieder leicht&lebendig wurde

Wenn du ab und zu meinen RauschVonWort liest, weiß du, dass ich am Ende immer schreibe: Bleibt leicht&lebendig. Das mache ich aus einem ganz bestimmten Grund, denn ich finde, es gibt genügend Dinge in unserem Leben, die nicht leicht sind, die uns anstrengen und das jeden Tag aufs Neue. Allein den Alltag zu meistern kann manchmal belastend sein. Kinder, Familie, Freunde, Liebe, Haushalt und noch ein bisschen 'du selbst sollen in 24 Stunden passen. Und dabei sollen wir dann auch noch froh und unbeschwert sein. Das ist nahezu unmöglich. Auch wenn es oft so scheint, dass ich das immer bin. Es ist nicht der Fall. Vor allem in den letzten Tagen war ich eher schwer&behäbig. 

Irgendetwas ist in den vergangenen Wochen passiert, dass ich meine Leichtigkeit verloren habe. Dabei ist es doch das, was mich ausmacht. Ich begann meine Themen für den WortRausch auszuweiten, vergaß mich auf meine Intuition zu verlassen und in meine Gedanken schlich sich ein viel zu hoher Anspruch. Ich wollte alles ganz genau recherchieren, ich wollte Tiefgang und unbedingt richtig gut sein. Das zerrte an mir und auf einmal begann mein RauschVonWorten mich zu belasten, mein Schreiben war nicht mehr leicht&lebendig. Ich drückte mich vor den Buchstaben und wusste nicht wie ich anfangen soll. Dabei liebe ich das Geräusch meiner Finger auf der Tastatur und das Gefühl, wenn sich die Seiten wie von alleine zu füllen scheinen. Nicht zu vergessen die Genugtuung, wenn ich alles veröffentliche. 

Mit meiner lieben Freundin Li habe ich einen sogenannten Business-Talk vereinbart, er findet zwei-oder dreimal in der Woche statt, während der Arbeitszeit und ist sehr kurz. Manchmal nur fünf Minuten auf dem Klo, auf dem Weg zum Sport oder in der Mittagspause – schnell mal im Dazwischen. Wir sprechen dann über Alltägliches, über die Aufgaben, die gerade vor uns liegen oder über unsere Kinder. Wobei das seltener vorkommt, weil wir ja kurz und knapp Alltag miteinander teilen wollen. Kinder, Männer und Co. können wir abends besprechen. Ich erzählte ihr von meiner Misere, dass meine Gedanken zäh geworden sind und ich nicht mehr einfach drauf los schrieb.

Tiefgang liegt mir nicht

„Aber Heli“, sagte sie zu mir, „warum machst du dich denn so verrückt? Du bist doch du. Und du schreibst ohne nachzudenken. Eben leicht&lebendig und deine Leser:innen mögen deine Texte doch gerade weil sie nicht „perfekt“ sind.“ Darüber musste ich nachdenken, warum recherchierte ich denn in letzter Zeit so viel, anstatt wie sonst loszulassen. Woher kam dieser Druck? Hatte ich nicht erst letzten Mittwoch in einem Interview darüber gesprochen wie wichtig es ist, den Druck rauszunehmen. Und habe ich nicht an meinem Vision-Board auch einen passenden Spruch? Ich fand den Spruch nicht, wo war er? Was war überhaupt mit meinem Gedanken-Brett? Es war leer, ich hatte alles abgehängt und wollte es neu gestalten: Besser, schöner, ordentlicher. 

Und dann war mir plötzlich klar, was los ist. Denn ich bin nicht besser, schöner, ordentlicher. Ich versuchte jemand zu werden, der ich nicht bin. Ich bin nicht die superkorrekte Journalistin mit den zu Ende recherchierten Texte. Darin liegt nicht meine Stärke. Schon in der Uni sagte einer meiner Professoren zu mir: „Frau Arnold, sie haben eine tolle Geschichte geschrieben, aber nicht zu Ende recherchiert.“ Damals ärgerte ich mich sehr darüber, denn die Story war gut. Später habe ich akzeptiert, dass ich einfach nicht korrekt bin. Bei mir spielt Fantasie immer eine sehr große Rolle. Ich bin einfach nicht so tiefgründig. Ich sehe vieles nicht so ernst, auch wenn es ernst ist. Ich versuche eigentlich immer ein bisschen Witz ins Leben zu bringen – auch mit meinem RauschVonWort. 

Ich hatte das vergessen, der Alltag drohte mich zu erdrücken. Dabei habe ich mich doch aus genau diesem Grund selbstständig gemacht, weil ich diesem Druck von außen entfliehen wollte. Allerdings bedeutet das nicht, dass ich keine Strukturen brauche. Ich liebe Regeln und arbeite gerne mit Deadlines. Wie ein Kind brauche ich meine festen Abläufe. „Du darfst dich nicht plötzlich von einem Anspruch erdrücken lassen, den du gar nicht hast“, sagte Li und meinte das auf gar keinen Fall böse. Sie hatte recht, mir ging der Spaß verloren, meine Kolumne belastete mich auf einmal. Dabei bin ich so stolz, dass ich es mittlerweile konstant seit Februar rauschen lassen.

Mme Mastür packt aus

Aber nicht nur das rauschte diese Woche in meinem Kopf. Es gab noch einen Anlass zum Rausch. Einen Rausch der Sinne, denn Freitag war Spielzeug-Tag. Es war fast wie in der Kita. Nur durfte nicht jede von uns ihr Spielzeug mitbringen, sondern sich ein Neues aussuchen. Wir waren eine illustre Runde von sechs Frauen und luden uns noch Madame Mastür ein. Sie kam mit einem Rollkoffer voller neuer Spielsachen. Und was soll ich sagen, wir dachten, wir wissen viel, aber da lagen wir falsch. Wir sind aufgeklärte erwachsene Frauen in der Rush Hour unseres Lebens und wir sollten an diesem Freitag Horizont-erweitert ins Bett gehen. 

Ich muss an dieser Stelle zugeben, dass ich dem ganzen Abend sehr skeptisch gegenüberstand. Ich hatte mich bisher mit dieser Art von Spielzeugen nicht befasst und keines zu Hause. Ich habe es nicht vermisst und hatte auch nicht den Drang, etwas auszuprobieren. Aber wie das so ist mit mir, als Edda den Vorschlag machte und mir erzählte, dass auch Toni auf der Suche nach einem neuen Spielzeug war, siegte meine Neugier. Ein Termin war schnell gemacht und schwuppdiwupp stand die Mastür in meinem Wohnzimmer und packte aus. „Wir brauchen noch Papiertücher“, rief sie mir zu, als ich mit den Weibern noch draußen auf den Stufen saß und Aperitif trank.

Das ist das Protokoll eines Abends, an dem sich Freundinnen zusammen setzten und gemeinsam über ihren Körper lernten. Scham ablegten und wie Toni es so schön formulierte: „Ich habe ein Gespür und Verständnis dafür bekommen, was man alles machen kann und welche Möglichkeiten es gibt. Als ich nach Hause ging, hatte ich gleich Lust, alles auszuprobieren.“ Natürlich hat keiner der hier genannten Freundinnen ihren echten Namen. Die Einzige, die „echt“ auftritt bin ich. 

Lass uns über Körper sprechen

Toni kam mit der Intention, ihre Mittagspause auch mal anders nutzen wollen. Jetzt, wo die Kinder wieder in die Kita gingen und sie nach wie vor im Homeoffice arbeitete, wollte sie die Pausen ganz bewusst zur Entspannung gebrauchen. Neben Edda und Toni nahmen noch Pamela, Jeani und Sasha an der Runde teil. Die Namen fetzen, ich weiß. Alle haben sich ihre Namen für diesen WortRausch selber ausgedacht. Natürlich habe ich das ein oder andere Zitat ein bisschen verändert, aber so oder so ähnlich trug es sich schon zu.

Mme Mastür: „Ich bin Madame Mastür und heiße euch willkommen zu einem Abend voller Körperlichkeiten, an dem wir uns erlauben, uns gehen zu lassen – natürlich (noch) nur in Gedanken. Alles, was hier heute Abend besprochen und erworben wird, bleibt streng vertraulich. Wir sind ja hier, um unsere Gegner zu verführen, äh unseren Gegenüber meinte ich natürlich.“

Als sie uns mitteilt, dass wir jetzt alle möglichen Cremes, Gels und Pasten probieren werden, zogen wir alle etwas erschrocken die Augenbrauen hoch. Natürlich werden wir nichts an Ort und Stelle ausprobieren, sondern an den Händen. „Rechts riechen, links schmecken“, alles klar. Wir nicken und kosten. Mit Silikon, ohne Silikon, auf pflanzlicher Basis, mit Chili, etwas erregend wirkend, in allen möglichen Geschmacksrichtungen, wie Piña colada oder Creme Bruleé. 

Sasha: „Das riecht richtig modern. Was ist das?“

Pamela: „Das ist Honig.“

Jeani: „Oh ha, das wird krass warm an meinem Zahnfleisch.“

Edda: „Macht die Wasserhähne auf.“

Pamela: „Mmmmhhh wie bei einer Mini-Zitronenpresse.“

Mme: „Studien haben tatsächlich belegt, dass Frauen mit kalten Füßen schlechter oder gar nicht zum Orgasmus kommen.“

Alle: „Ooooohhh, aaahhhhh.“ 

Toni: „Also Socken doch immer anlassen.“

Mme Mastür: „Männer sind übrigens trainierbar. Am besten mit einem Kalt-warm-Wechsel. Da nehmt ihr dann Minze-Gel zur Kühlung.“

Jeani: „Das schmeckt wie Elemex Gelee. Wenn die Hersteller Fluorid reinmachen würden, wäre es gleich noch gut für die Zähne.“

Toni: „Kann ich das auch während der Arbeit einführen? Das würde so ein Meeting in jedem Fall aufwerten.“

Edda: „Ja, oder beim Fenster putzen! Ich werde ab sofort regelmäßig Fenster putzen. Und zum Einkaufen lass ich es auch gleich drin.“

Sasha: „Endlich was für die ordentliche Hausfrau – ein ganzheitliches wwwhhhhwwwhhh.“

Toni: „Hey zur Nackenmassage kann man es auch benutzen.“

Heli: „Wofür brauche ich das Ding denn?“

Toni: „Heli, am besten für deinen großen Zeh!“

Edda: „Da geht was rein!“

Pamela: „Sie dürfen die Ringe jetzt tauschen.“

Toni: „Gib das zurück, das ist mein Krokodil.“

Mme: „Keine Sorge, jede darf sich ein Spielzeug aussuchen. Freitag ist Spielzeug-Tag.“

Das lasse ich mal so stehen, der Rest ist eurer Fantasie überlassen!

Bleibt schön leicht&lebendig,
Eure Heli


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Illustration: Sophie Schäfer

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