Die Carbon-Prinzessin darf nicht aufs Dach

Teil 3 aus: Mein Leben an der Seite eines Triathleten

„Mein Rad muss auch noch rein“, höre ich meinen Mann mehr flüstern als deutlich aussprechen. Während wir unseren Krempel vor das Haus tragen und uns fragen, wie überhaupt alles ins Auto passen soll, sagt mein Triathlon-Mann sehr leise: „Ich wollte mein Rennrad mitnehmen.“ 
Das ist jetzt nicht sein Ernst, denke ich. Das sagt er jetzt? Jetzt, wo wir alles gepackt haben? Da hätten wir doch schon mal eher drüber sprechen können. Dann hätten wir vielleicht von den anderen Sachen ein bisschen weniger mitgenommen.
Das Thema mit den Rädern ist wirklich speziell. Sie spielen in unserem Leben eine entscheidende Rolle. Ein Rad pro Jahr, so die grobe Orientierung. Dafür muss mein Mann sich aber auch von einem anderen Goldstück trennen, das ist der Deal. 
Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich das erste Mal sein Rennrad angehoben habe. Es war rot und stand mitten in seinem WG-Zimmer. Ich hob es hoch und dachte gleich fliegt es weg. So ein leichtes Fahrrad gab es in meiner Welt bis dahin nicht. Ich kannte nur Räder, die ich Treppen hochwuchten musste. Nicht welche, die ich mit einer Hand tragen kann.
Schön und gut, dachte ich also mit dem Blick auf den riesigen Berg an Kram und fragte meinen Liebsten vorsichtig, ob es denn möglich sei, das die Karbon-Prinzessin vielleicht mit unserem extra für Rennräder konzipierten Dachträger transportiert wird. 
„Nein, nein auf gar keinen Fall!“, kam seine Antwort laut und fast ein bisschen empört. Ich fragte mich an dieser Stelle, wozu wir dann eigentlich diesen ganz besonderen Dachträger haben, aber das ist wohl eine andere Geschichte. Das Rad also oben drauf zu chauffieren gehe auf keinen Fall, betonte der Gatte. 
„Und schon gar nicht so weit, bis nach Tirol,“ er riss dramatisch die Augen auf und gestikulierte panisch mit den Armen. 

Ein Mountainbike ist für die Berge, oder?

Da hatte ich die Idee: „Vielleicht nimmst du dann für die Berge einfach das MOUNTAINbike mit, eignet sich das nicht sowieso besser für die Alpen?“, frage ich enthusiastisch und fühlte mich unendlich schlau. Schließlich hatte ich mitgedacht. Immerhin ist das nicht aus Carbon und kann bestimmt auf dem Dach mitfahren. Ein Bergfahrrad in den Bergen macht ja auch Sinn. Meistens lauschte ich nämlich doch heimlich, wenn er mit seinen verrückten Kumpels stundenlang über Fahrräder schwadronierte.
Der Keller ist voller Räder, mein Mann besitzt sechs und damit hat er im Vergleich zu den anderen Triathleten eher weniger, zumindest betont er das immer. Für jeden Untergrund und für jede Art von Rennen ein passendes Rad. Und es sind schon weniger geworden. Als ich ihn kennenlernte, gab es alles noch zusätzlich in Wettkampf-und Trainingsausführung. Bei den Rädern geht es fast, aber über die Laufschuhe möchte ich nicht nachdenken. Nur so viel: Er hat weit mehr Schuhe als ich.
Aber zurück zum eigentlichen Problem. Ein Mountainbike ist für die Berge nicht die richtige Wahl, lernte ich. Denn mein Mann wollte ja die Pässe fahren, nicht die Furten. Und für glatten Asphalt und die Anstiege braucht er das Rennrad. Ich hatte also wieder nicht richtig hingehört. Nun ja, jetzt erschließt sich mir der Sinn eines Mountainbikes noch viel weniger. Aber immerhin benutzt er es in den heimischen Müggelbergen, manchmal.

Nicht übers Bett

In unserer ersten gemeinsamen Wohnung musste das Wettkampfrad auf jeden Fall in der Wohnung hängen. Am Liebsten im Wohnzimmer. Ich konnte das gerade so verhindern, wollte ich doch nicht an meine eigene, nicht vorhandene Ausdauer erinnert werden. Schlafzimmer kam auf keinen Fall infrage! Auch wenn die Dinger so leicht sind, wollte ich nicht riskieren, dass mir eines auf den Kopf fällt. Es landete am Ende im Flur knapp unter Decke.
Heute wohnen die Räder wie gesagt im Keller, im Carbon-Keller, neben der Waschmaschine und dem Wäscheständer, sehr praktisch übrigens. Ich wasche selten Wäsche, kann ich dazu nur sagen. 
Am Ende passte das Rad doch ins Auto, zerlegt in drei Einzelteile. Aber das ist ja – welch Glück – recht unkompliziert. Und etwas Gutes hat es auch mit der Liebe zum Rad. Ich muss nie Reifen flicken, aufpumpen, Ketten ölen oder etwas reparieren. Und was soll ich sagen, mittlerweile hab ich auch schon drei Räder, aber nicht aus Carbon!


Bleibt leicht&lebendig
Eure Heli

Alle Teile aus meinem Leben an der Seite eines Triathleten gibt es hier:

Teil 1 aus: Mein Leben an der Seite eines Triathleten “Stumpf ist Trumpf”

Teil 2 aus: Mein Leben an der Seite eines Triathleten “Ohne Mampf kein Kampf”

Was Triathlon mit Holz hacken zu tun hat, lest ihr hier.


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